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KARDAMYLI - Herbstlicher Wander- und Badeurlaub in Kardamyli

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2017-01-15 2017-04-30 15.01.2017

Wenn man im Herbst seinen Urlaub in Griechenland verbringen will, muss man schon recht weit in den Süden fahren, z.B. auf den Peloponnes. Hier hat man auch noch im Oktober (fast immer) die Gewähr auf sonniges und warmes Wetter. An heißen Tagen kann man Strandurlaub mit Wassertemperaturen um 25oC genießen, während man bei bedecktem Himmel Besichtigungsfahrten zu den verschiedensten Sehenswürdigkeiten durchführt oder zu Fuß die nähere Umgebung erwandert. Der mittlere Finger des Peloponnes, die Halbinsel Mani, ist geprägt vom Gebirgszug des Taygetos und deshalb ein ideales Gebiet für Wanderungen, aber auch für Erholungstage am Strand. In der äußeren Mani, dem Gebiet zwischen der messenischen Hauptstadt Kalamata und Areopolis, liegt der reizvolle Ort Kardamyli, der beide Interessen befriedigen kann. Es gibt eine mehrere hundert Meter lange Kiesbucht und eine Vielzahl alter Pfade und Treppenwege, die wieder freigelegt und markiert worden sind. Dass man die Gegend um Kardamyli als Wandergebiet entdeckt hat, zeigt auch das kleine Büchlein "Inside the Mani", in dem 10 Wandertouren um Kardamyli und Stoupa ausführlich beschrieben werden. Aber auch schon Homer erwähnte dieses Dorf in seiner Ilias und der berühmte englische Schriftsteller Patrick Leigh Fermor, der mit seinen Büchern die Mani weltberühmt machte, hat dort viele Jahre gelebt. Während in den Sommermonaten vor allem der deutsche und englische Individualtourismus den Ort überflutet, verlieren sich im Oktober die wenigen ausländischen Gäste in den knapp ein Dutzend Cafes und Tavernen. Wer mehr Trubel sucht, fährt in den nahe gelegenen Ort Stoupa mit seinen beiden wunderschönen Sandbuchten. Hier hatte der Dichter Nikos Kazantzakis in der Nähe ein kleines Braunkohlebergwerk gepachtet und mit Hilfe eines Georgios Sorbas betrieben. Später (1946) schrieb er in Anlehnung an dieses Bergwerk seinen weltberühmten Roman "Alexis Sorbas", dessen Handlung er allerdings nach Kreta verlegte.
Die wahrscheinlich schönste Wanderung in diesem Gebiet beginnt in dem alten Kardamyli, in dem die Zeit stillgestanden zu sein scheint. Auf einer Felsplatte unterhalb der Akropolis steht die im 17. Jahrhundert erbaute Mourtzinos-Festung. Sie umfasst mehrere (inzwischen restaurierte) Häuser, Turmhäuser und Türme, zwei Kirchen und einen Friedhof. Wer in den frühen Morgenstunden die alten Gemäuer besichtigt, kann auch schon einmal einer ungefährlichen Schlange, der Balkanzornnatter (Hierophis gemonensis), die zu dieser Zeit auf der Suche nach Heuschrecken, Eidechsen und Geckos ist, begegnen. Sobald höhere Tagestemperaturen erreicht sind, zieht sich diese Natternart gewöhnlich in schattigere Bereiche zurück. Am Torbogen von Alt-Kardamyli (Palea Kardamyli), durch den man den spitzen Campanile der spätbyzantinischen Kirche Agios Spyridon bewundern kann, beginnt der Aufstieg nach Agia Sophia. Der Steinweg ist ausgeschildert und zusätzlich schwarz-gelb markiert. Unterwegs sollte man sich immer wieder umdrehen, um die herrliche Aussicht auf Kardamyli und das Meer mit den kleinen Inseln zu genießen. Von der byzantinischen Kirche Agia Sophia gelangt man nach nur wenigen Minuten in das gleichnamige Dorf, das man durchquert, um am Ende teils über Pfade, teils über einen Fahrweg in den Ort Exochori zu gelangen. Dort sollte man unbedingt bis zum Ende der Straße laufen (Hinweisschilder zum Hotel). Dort liegt an einem geradezu majestätischen Platz direkt am Rand der Viros-Schlucht das kleine Hotel "The Gorge" auch "Faraggi" (= Schlucht) genannt. Es ist ganzjährig geöffnet und man kann von der Terrasse einen atemberaubenden Blick die Viros-Schlucht hinauf bis hin zum höchsten Berg des Taygetos, den Profitis Elias (2407m) genießen. Außerdem kann man sich dort für den Abstieg ausruhen und stärken. Das Hotel ist auch Standort für viele Biologen. Das Taygetos-Gebirge gilt als eines der schönsten Ökosysteme Griechenlands und ist Zufluchtsort für viele Pflanzen und Tiere. Hier kommen alle drei Gecko-Arten Griechenlands vor: Europäischer Halbfinger (Hemidactylus turcicus), Ägäischer Nacktfinger (Mediodactylus kotschyi) und der Mauergecko (Tarentola mauritanica). Von den Eidechsen sieht man am häufigsten die Peloponnesische Mauereidechse (Podarcis peloponnesiacus). Daneben kommt die Taurische Eidechse (Podarcis tauricus) vor, die an ihrem mehr oder weniger grünen Rücken erkennbar ist. Seltener sieht man die griechische Spitzkopfeidechse (Lacerta graeca), deren Vorkommen sich ausschließlich auf die Peloponnes-Halbinsel beschränkt. Als typisches Habitat dieser Eidechsenart gelten in Wassernähe gelegene felsige bzw. geröllreiche Lebensräume, wo man sie mit viel Glück auf den Steinen eines Baches beobachten kann. Bemerkenswert ist auch die reiche Insektenfauna im Taygetos-Gebirge. Während der Feuerfalter (Thersamonia thetis) häufig beobachtet werden kann, bekommt man den endemischen, also nur hier vorkommenden Bläuling (Polyommatus menelaos) oder den endemischen Linienbockkäfer (Oberea taygetana) schon seltener zu Gesicht.
Der Rückweg erfolgt über einen Pfad in den Ort Petrovouni und von dort über einen gepflasterten, vollkommen restaurierten Treppenweg zurück nach Kardamyli. Unterwegs sieht man immer wieder aufgelassene, von Steinmauern und Opuntienhecken umschlossene Felder, in denen sich der Behaarte Dornginster, Zistrosen oder der Dornige Wundklee breit gemacht haben. Während an den Hängen Ölbaumkulturen sowie von Ziegenherden abgefressene Macchien wachsen, trifft man in der Nähe der Dörfer auf eine typisch mediterrane Flora, deren Gewächse zu den Ruderalpflanzen gehören. Dazu zählen Pflanzen, die auf von Menschen veränderten oder verlassenen Flächen gedeihen. So wachsen an den Wegrändern Italienischer Natternkopf (Echium italicum), Bocksbart (Tragopogon porrifolius), Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) oder die Palisadenwolfsmilch (Euphorbia characias), auf der man gerade im Oktober die auffällig gefärbten Raupen des Wolfmilchschwärmers (Hyles euphorbiae) finden kann.
Weitere Wanderungen kann man dem Wanderführer "Inside the Mani" entnehmen oder sich mit Hilfe der unten aufgeführten Wanderkarte, in der zahlreiche Pfade und Fahrwege eingetragen sind, selbst zusammenstellen. Diese Karte ist in jedem Fall anzuraten, da sie bei nicht ausgeschilderten Abzweigungen oft eine gute Entscheidungshilfe darstellt.
Wenn das Wetter einmal nicht zum Wandern oder Baden einlädt, bietet sich ein Ausflug über Kalamata und den Langada-Pass nach Sparta/Mistra an (ca. 70 km). Die Strecke gehört zu den eindrucksvollsten Strecken des Peloponnes. Man fährt unter überhängenden Felsen hindurch und hat auf der Höhe des Langada-Passes (1300 m) traumhafte Ausblicke in die messenische und spartanische Ebene. Wählt man eine Rundfahrt, kann man von Sparta weiter über Githio entlang der imposanten Kulisse des Taygetos-Gebirges zurück nach Kardamyli gelangen (gesamt ca. 300 km).
Wenn die Abende noch warm genug sind, kann man auch in das nahe gelegene Fischerörtchen Agios Nikolaos fahren, wo man an der Hafenmole herrlich sitzen und essen kann und einen wunderschönen Herbsttag ausklingen lassen kann…

Buchtips:
Empfehlenswert ist in jedem Fall die Benutzung einer detaillierten und GPS-gestützten Wanderkarte, die in Kadamyli verkauft wird (Anavasi-Verlag, Nr. 8.12, "http://www.anavasi.gr/" Stoupa als Suchbegriff eingeben), ISBN: 960-8195-17-9).
Hellmut Loos "Griechenland - Durch die wilde Mani", Weishaupt Verlag, ISBN 3-7059-0063-3
Mat Dean "Inside the Mani - 10 walks in Exo Mani"